Datenjournalismus: Das kann ich auch

Was soll das hier? Der Versuch eines Mission Statements.

Drei handgekritzelte Gitarrengriffe und ein Aufruf erschienen 1977 in der britischen Musikzeitschrift Sideburns:

This is a chord… this is another…
this is a third. NOW FORM A BAND

Datenjournalist Simon Rogers nimmt diesen Call-to-Action in seinem Beitrag Anyone can do it. Data journalism is the new punk auf. Diese Attitüde des Selbermachens macht den gewagten Vergleich für Rogers interessant. Der Aufruf, einfach loszulegen, egal wie’s klingt oder was die anderen sagen, ist, was er sich für die Entdeckung des Neulands Datenjournalismus wünscht.

Rogers stellt dazu auf dem Datablog des Guardians die Frage, ob sich diese Idee auch für das Visualisieren von Daten nutzbar machen lässt und startet seinen eigenen Appell:

NOW BE A DATA JOURNALIST

Denn, so Rogers, der Prozess sei wichtiger als das Resultat.

It might be 35 years old, but this will do nicely as a theory of data journalism in 2012.

Zugegeben, die Parallele ist weit hergeholt. Punk hiess zwar Veränderung und gehöriges Durchschütteln von verkrusteter Meinungsführerschaft und Wertesysteme – das Potential dazu hat Datenjournalismus auch -, aber Leitgedanke blieb das lustvolle Anti. Davon kann beim Datenjournalismus nicht die Rede sein, der bestehende journalistische Formate und Medienangebote vielmehr ergänzt, als sie zu attackieren.

Digitalisierung der Mittel

Rogers will aber einen anderen Punkt machen. Sein Aufruf zielt auf die zum Emblem von Punk gewordene Selbstermächtigung «das kann ich auch». Diese könnte man auch als Credo der Digitalisierung formulieren, die kontinuierlich das Infragestellen bestehender Hierarchien und Produzenten/Konsumenten-Verhältnisse mit sich bringt. Im Bereich der Daten ist diese Demokratisierung besonders augenfällig.

Grund dafür sind die zunehmende Menge an Publikations- und Analysewerkzeugen, welche das Web kostenlos zur Verfügung stellt und das Umdenken in der Verfügbarmachung von Daten. Die Digitalisierung der Daten sorgt dafür, wie Sascha Lobo es auf den Punkt bringt, dass «jeder Amateur Mittel nutzen kann, die kurz zuvor noch als Insignien des Profis galten».

Der Vergleich Punk/Datenjournalismus ist etwas kurz gedacht. Vielleicht eine (wünschbare) Gemeinsamkeit ist aber der Ausblick, wohin es gehen könnte. Punk ist von der Jugendkultur mehr und mehr zur Stilrichtung geworden. Zu etwas Zitierfähigem, das seinen Einfluss in der Gesamtkultur zurückgelassen hat, wo es eine bleibende Nische besetzt. Für den Datenjournalismus diesen Platz in den Medien und ausserhalb zu finden, im Verbund mit anderen journalistischen Formaten, mit Blogs und traditionellen Publikationen, scheint mir eine gute Perspektive zu sein. Und die offensichtlichste Gemeinsamkeit: Am Anfang stehen immer die Amateure.

So etwas wie ein Mission Statement

Ganz simpel: In diesem Blog versuche ich mich am Basteln von Datenstorys und trage zusammen, was ich an Ressourcen dazu auf dem Web finde. Die Ausgangslage ist schnell zusammengefasst – kein Fachwissen, keine technischen Fähigkeiten, kein Statistik-Wissen, dafür aber die Motivation, erste Gehversuche zu wagen und das Ganze im Web zu dokumentieren. Das vermessene «das kann ich auch» ist dabei Programm. Und – ganz im Sinn von «now form a band» – für mich die Selbstermächtigung, hier etwas zu produzieren – ohne Expertise, dafür aber mit dem Anspruch, etwas dabei zu lernen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.